Am 6. Februar hielten der Richard Wagner Verband München in Kooperation mit dem Verband Nürnberg eine Gemeinschaftsveranstaltung im Zoom ab, die in der Spitze 170 Teilnehmer hatte und damit den bisherigen Rekord für München aufstellte. Man hatte Prof. Felix Mayer eingeladen, Dozent an der Technischen Universität München, der dort musikwissenschaftliche Seminare und Vorträge u.a. für die Carl von Linde-Akademie der TU leitet, mit Themen wie „Mozart: Aufklärung – Philosophie – Revolution“ oder zu Wagners „Ring des Nibelungen”. 2017 wurde Felix Mayer zum Honorarprofessor der TU München ernannt.
Er sprach in dieser Konferenz insbesondere über Ludwig van Beethovens 3. Symphonie, die „Eroica“, die dieser in seiner Bewunderung für den Franzosen, Napoleon Bonaparte, gewidmet hatte. Diese Bewunderung schlug später allerdings in Ablehnung um, wonach sich Beethoven am Ende doch noch mit Napoleon aussöhnte. Die „Eroica“ sollte sogar ursprünglich den Namen „Bonaparte“ tragen und den „größten Helden des Zeitalters in einem Tonwerke“ würdigen.
Nach einer musiktheoretischen Analyse der Symphonie, in deren Rahmen Mayer auf interessante und auch durch Musikbeispiele nachvollziehbare musikalische Facetten der Symphonie erläutert, kommt er schließlich zu dem wesentlichen Punkt, dass der eigentliche Herr der „Eroica“ nicht Napoleon sondern Beethoven ist. „Die Menschheit wird durch die Kunst erzogen, nicht auf dem Schlachtfeld!“ Und Beethoven erweitert das auf die Literatur, indem er Goethe d e n Dichter der Deutschen nennt. In einem Bezug zur Prometheus-Geschichte in der 3. Symphonie postuliert Mayer, dass Beethoven und Goethe die prometheischen Figuren sind, die die Menschheit erziehen sollen. Kunst und Kultur sind zentral für die Erziehung, wobei Friedrich Schiller noch hinzufügt, dass die Kunst das Instrument für die Ausbildung des Empfindungsvermögens des Menschen ist. Alle echte Empfindung sei ein moralischer Fortschritt. Und Mayer zitiert noch Kant, der sinngemäß sagte, die Kultur des Geschmacks sei eine Vorübung zur Moral. Er entlässt jedoch die Teilnehmer mit der durchaus angebrachten Frage, was eine Empfindung sei…
Eines wurde aber auch an diesem Exkurs in die „Eroica“ Beethovens und seiner Überzeugungen wieder einmal deutlich und hat beklemmenden Realitätsbezug in der gegenwärtigen Pandemie: Die außerordentliche Bedeutung von Kunst und Kultur für die Entwicklung des Menschen! Auch wenn das in unserer westlichen Gesellschaft bisher eigentlich nie umstritten war, offenbart sich unter den gegenwärtigen Zwängen zur Erfüllung von Hygieneauflagen eine erschreckende Vernachlässigung, wenn nicht gar Negierung dieser Zusammenhänge durch Regierungen auch in Ländern, in denen Kunst und Kultur traditionell eine große Rolle spielen, sowohl in schöpferischer Hinsicht wie auch in der gegenwärtigen Interpretation von Universalwerken der Musikgeschichte.
Dies mit der entsprechenden Argumentation stärker bekannt zu machen und auch in den Fokus der staatlichen Kulturverantwortlichen zu rücken, könnte ein wünschenswerter Auftrag aus dieser Zoom-Konferenz sein. In jedem Fall war sie ein beeindruckender Nachtrag des Münchner Wagner Verbands zum Beethoven-Jahr 2020.